Emilia könnte hüpfen vor Glück. Sie wartet neben dem Wohnmobil auf den Rest ihrer Familie. Das Warten macht ihr heute überhaupt nichts, denn der Weg vom Campingplatz sieht magisch aus. Sie kann sich an dem hellen Licht der Fackeln, die links und rechts im hohen Schnee stecken, gar nicht satt sehen. Der Wind lässt das Feuer hin und her zucken. Manchmal flackert es wild, manchmal knistert es sachte. Obwohl es eiskalt ist, wird es in Emilias Bauch wohlig warm. Plötzlich bemerkt sie, dass Clara, Mama und Papa bereits neben ihr stehen. Sie sind ganz still, nur das Knistern der Flammen und das Flüstern des Windes ist zu hören.
Auf der Parzelle neben ihnen öffnet sich die Wohnwagentür. Mia und Paul springen heraus. Sie laufen zu Clara und Emilia. „Kommt ihr auch mit zur Winterwiese? Da gibt es heute Kinderpunsch.“ Clara und Emilia nicken. Jetzt erst fällt den beiden Nachbarskindern auf, dass die normale Campingplatzbeleuchtung ausgeschaltet ist. Nur die Fackeln erleuchten die dunkle Nacht.
„Das sieht aber toll aus. Lasst uns losgehen!“ Emilia hängt sich bei Clara ein. Der Weg schlängelt sich durch den Campingplatz bis zu einem kleinen Durchgang. Auf einem schmalen Feldweg marschieren sie wie Pinguine hintereinander her. Als der Weg eine Biegung macht, sehen sie eine große schneebedeckte Wiese. Emilia und Clara hören das Lachen der Kinder, die dort spielen, und das Murmeln der Erwachsenen, die sich fröhlich unterhalten. Mia und Paul düsen los. Emilia und Clara bleiben lieber bei ihren Eltern und genießen den hell erleuchteten Weg. Auf der Wiese steht ein langer Tisch. Darauf befindet sich ein breiter Topf und daneben viele Heferl.
Josef, der Campingplatzbesitzer, lächelt sie freundlich an. „Herzlich willkommen, auf unserer Winterwiese. Wollen die beiden Damen einen Kinderpunsch probieren?“ Eifrig nicken Clara und Emilia. Josef schenkt ihnen großzügig ein. „Achtung, er ist sehr heiß. Trinkt langsam!“
„Dankeschön!“ Vorsichtig nimmt Emilia ihre Tasse. Zur Sicherheit lässt sie die Handschuhe an. Sie pustet und trinkt langsam. „Clara, koste mal. Der Punsch schmeckt himmlisch nach Beeren und ich glaube, es ist auch Zimt dabei.“
Josef strahlt. „Stimmt genau! Du bist ja eine richtige Kennerin. Schön, dass es dir schmeckt!“
Während Clara und Emilia ihre Getränke genießen, entdeckt Emilia einen Mann, der mit einem Ast einen großen Kreis in den Schnee zieht. Andere Erwachsene treten den Schnee im Kreis fest. „Josef, was machen die Leute da drüben?“
Josef lacht. „Sobald ihr ausgetrunken habt, brauchen wir eure Hilfe. Wir bauen einen Iglu.“
Verwirrt schaut Clara ihn an. „Was ist denn das?“
Josef reinigt den Tisch von Punschflecken und erklärt: „Ein Iglu ist ein kleines Haus aus Schnee. Früher haben Menschen in der Arktis Iglus als Unterschlupf verwendet.“
Emilia staunt. „Man kann in einem Haus aus Schnee wohnen?“
Josef lächelt geheimnisvoll. „Warte ab!“
Schnell stellen die Mädchen ihre leeren Punschtassen ab und marschieren mit Josef zu den Erwachsenen. Sie stehen, gemeinsam mit den Kindern, in einer Reihe, die über die ganze Wiese reicht.
„Schau mal Clara! Dort beim Wald ist Papa. Was macht er da? Füllt er Schnee in eine Kiste? Und drückt ihn mit der Schaufel fest?“
Clara hüpft vor Aufregung auf und ab. „Und da drüben steht Mama. Sie übergibt die Schneekiste an den ersten Mann in der Reihe.“
„Und der reicht sie dem Kind neben sich!“
Gespannt beobachten die beiden, wie die Campinggäste die Kiste mit dem Schnee immer weitergeben.
Josef klatscht in die Hände. „Los, stellt euch an. Der erste Schneeblock ist bald beim Kreis. Dort bauen wir den Iglu.“
Emilia und Clara lassen sich nicht lange bitten. Vorsichtig übernehmen sie die Kiste von Paul, der als letzter in der Reihe steht. Gemeinsam drehen sie die Kiste um. Ein fester Schneeblock rutscht heraus. Josef legt ihn am Rand. Da ist auch schon der nächste unterwegs, während die leere Kiste zurück zu Papa wandert.
Geschickt reiht Josef einen Schneeblock neben den anderen auf. Schon bald ist ein schöner Kreis entstanden und die erste Reihe ist voll. Einen kleinen Teil hat Josef als Eingang frei gelassen. Nun kommt die zweite Reihe dran. Alle arbeiten zügig und der Iglu wird höher und höher. „Emilia und Clara, jetzt brauche ich eure Hilfe! Ich möchte die Blöcke nach innen neigen, damit eine Kuppel entsteht. Befestigt sie bitte zusätzlich mit Schnee.“
Rasch sammeln die Mädchen Schnee ein und pressen ihn zwischen die Schneeblöcke.
Das Haus ist jetzt fast so groß wie Clara und Emilia. Sie müssen sich ordentlich strecken, um mit Josef die Kuppel zu verschließen. Sie streichen den Schnee glatt. Fertig!
Alle Campinggäste versammeln sich rund um den Iglu. Er sieht großartig aus. Josef schleppt einen alten Teppich heran und legt ihn in die Mitte. Darauf stellt er eine Lampe. Begeistert krabbelt einer nach dem anderen in das fertige Schneehaus. Clara und Emilia schlüpfen mit Mia und Paul in den Iglu. Sie setzen sich auf den Teppich und sehen sich um. Es ist eng, aber richtig gemütlich. Emilia könnte ewig drinnen bleiben, doch die nächsten Kinder warten bereits.
Auf der Winterwiese fliegen Schneebälle hin und her. Alle lachen und sind fröhlich. Emilia und Clara sind sich einig: Das ist der schönste Winterabend, den es gibt!
Als es Zeit ist, nach Hause zu gehen, versammeln sich die Familien beim Punschstand. Doch wo ist Emilia? Mama, Papa und Clara sehen sich um. Sie suchen und rufen: „Emilia, wo bist du? Wir wollen zum Wohnmobil zurück gehen!“
Doch Emilia bleibt verschwunden. Auch Mia und Paul wissen nicht, wo sie ist. Langsam leert sich die Winterwiese. Nur noch wenige Erwachsene sind da, die Josef helfen, die Fackeln auszulöschen und die Tische abzubauen. Clara friert. Sie möchte ins warme Wohnmobil. Gemeinsam mit Mia und Paul läuft sie über die Winterwiese. „Emilia, Emilia!“ Nichts zu sehen und nichts zu hören. Da kommt Clara beim Iglu vorbei. Aus dem Eingang leuchtet noch das warme, behagliche Licht. Clara schaut hinein und traut ihren Augen kaum. Emilia sitzt gemütlich auf dem Teppich. Auf ihrem Schoß hat sich Nala, die kleine Katze von Josef, bequem gemacht. Glücklich streichelt Emilia das flauschige Knäuel.
„Emilia, wir wollen nach Hause gehen! Wo kommt denn Nala plötzlich her?“
Emilia zuckt mit den Schultern. „Ich glaube, sie ist wieder einmal ausgebüchst. Ich habe sie hier beim Iglu getroffen. Wahrscheinlich wollte sie auch einen besonderen Abend erleben.“
Clara lacht. „Na, das ist ihr gelungen! Komm, wir bringen sie zu Josef. Er sucht sie sonst bestimmt wieder überall.“
Gemeinsam mit dem Katzenkind und vielen großartigen Eindrücken machen sich die Mädchen auf den Weg zum Campingplatz.
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Eine weitere Winter Campinggeschichte von Clara und Emilia findest du hier.
Bildquelle: Canva